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Postkarten schreiben mit neuen Motiven

Genau hinschauen heißt es bei der Druckabnahme

Genau hinschauen heißt es bei der Druckabnahme

Drucken ist ein Abenteuer

Dieser Satz stammt von HAP Grieshaber, dem großen Holzschneider, der sein Atelier am Fuße der Achalm hatte – nur wenige Kilometer von der Druckerei entfernt, wo wir letzte Woche neue Motive für unsere Serie Schöne Postkarten gedruckt haben. So eine Druckabnahme ist zeitaufwendig und anstrengend, schließlich wollen wir als Fotografen, dass die Motive exakt so auf dem Papier stehen, wie wir uns das beim Fotografieren vorgestellt haben. Jetzt trocknen die Karten gerade, bevor sie dann geschnitten und an uns ausgeliefert werden. Wir freuen uns sehr über unsere neuen Motive.

Postkarten zu Tübingen:

Nr. 18 · Steinlachufer mit Blick Richtung Österberg · © Schöne Postkarten, Tübingen

Nr. 18 · Steinlachufer mit Blick Richtung Österberg · © Schöne Postkarten, Tübingen

Schöne Postkarte Nr. 33 · Auf dem Tübinger Marktplatz · © Schöne Postkarten, Tübingen

Nr. 33 · Auf dem Tübinger Marktplatz · © Schöne Postkarten, Tübingen

Schöne Postkarte Nr. 47 · Bebenhausen: Spaziergang im Schönbuch · © Schöne Postkarten, Tübingen

Nr. 47 · Spaziergang im Tübinger Schönbuch mit Blick auf Bebenhausen · © Schöne Postkarten, Tübingen

Schöne Postkarte Nr. 31 · Blick auf Neckarbrücke und Tübinger Altstadt · © Schöne Postkarten, Tübingen

Nr. 31 · Blick auf Neckarbrücke und Tübinger Altstadt · © Schöne Postkarten, Tübingen

Schöne Postkarte Nr. 135 · Frühlingserwachen am Hölderlinturm · © Schöne Postkarten, Tübingen

Nr. 135 · Frühlingserwachen am Hölderlinturm · © Schöne Postkarten, Tübingen

Neue Postkarten zum Thema Natur und Garten:

Schöne Postkarte Nr. 16 · Gartenarbeit macht Seele gesund · © Schöne Postkarten, Tübingen

Nr. 16 · Gartenarbeit macht die Seele gesund · © Schöne Postkarten, Tübingen

Schöne Postkarte Nr. 15 · Die Liebe zum Gärtnern · © Schöne Postkarten, Tübingen

Nr. 15 · Die Liebe zum Gärtnern · © Schöne Postkarten, Tübingen

Schöne Postkarte Nr. 133 · Der Trost der Bäume · © Schöne Postkarten, Tübingen

Schöne Postkarte Nr. 133 · Der Trost der Bäume · © Schöne Postkarten, Tübingen

Und neue Motive für den Winter:

Schöne Postkarte Nr. 132 · Winteridyll am Neckar · © Schöne Postkarten, Tübingen

Nr. 132 · Winteridyll am Neckar · © Schöne Postkarten, Tübingen

Schöne Postkarte Nr. 131 · Winterzauber am Neckar · © Schöne Postkarten, Tübingen

Nr. 131 · Winterzauber am Neckar · © Schöne Postkarten, Tübingen

Schöne Postkarte Nr. 130 · Winterbad der Schwäne · © Schöne Postkarten, Tübingen

Nr. 130 · Winterbad der Schwäne · © Schöne Postkarten, Tübingen

Schöne Postkarte Nr. 127 · Tübingen, ein Wintermärchen · © Schöne Postkarten, Tübingen

Nr. 127 · Tübingen, ein Wintermärchen · © Schöne Postkarten, Tübingen

Schöne Postkarte Nr. 125 · Winterzauber in Tübingen · © Schöne Postkarten, Tübingen

Nr. 125 · Winterzauber in Tübingen · © Schöne Postkarten, Tübingen

Entgegen aller Unkenrufe sind Postkarten übrigens längst nicht tot. Und vielleicht ist es ja so, dass dieses Übermaß an elektronischer Kommunikation, der wir ausgesetzt sind, dem entschleunigenden und stilvollen Medium Postkarte zu neuer Popularität verhilft. In diesem Sinne:

Denkt an eure Freunde und schreibt Postkarten!

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Pflaumenblüte am Hölderlinturm

Unter der Pflaumenblüte am Hölderlinturm der erste Stocherkahn des Jahres

Unter der Pflaumenblüte am Hölderlinturm der erste Stocherkahn des Jahres

Komm, wir lassen uns treiben
unter der Pflaumenblüte
im Stocherkahn

Kranō

Vor dem Beginn der für Japan so wichtigen Kirschblüte ist die Pflaumenblüte ein deutliches Zeichen, dass der Winter dem Frühling weicht. In Japan stehen die Blüten des Pflaumenbaums (Ume) für Vitalität, Hoffnung und Regeneration. Die eleganten Pflaumenblüten werden auch mit Glück und Gesundheit verbunden, weil sie ihre Schönheit zu einer Zeit zeigen, in der es zumindest kurzfristig noch empfindlich kalt werden kann – wie man diese Woche auch in Tübingen erleben konnte.

Dass die Pflaumenblüte das Ende des Winters markiert, bringt ein Haiku von Yosa Buson (1716 – 1784) in der Übertragung von G. S. Dombrady sehr schön zum Ausdruck:

Erblühen sie, die Pflaumenbäume,
werden die Schneebälle
alle kleiner

Wie die Kirschblüte erinnert uns auch die Pflaumenblüte an unsere eigene Vergänglichkeit. Nochmal Buson:

Der Pflaumenbaum am Ufer:
Fallen seine Blüten ins Wasser,
trägt der Fluss sie weg!

Oder um es mit Hölderlins Hyperion zu sagen:

„Aber es geht alles auf und unter in der Welt, und es hält der Mensch mit aller seiner Riesenkraft nichts fest.“

Frohe Ostern!

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Buchinformation

Buson
Dichterlandschaften. Eine Anthologie
Übertragung, Einführung, Annotationen von G. S. Dombrady
Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Mainz, 1992

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Klimadebatte wird tiefergelegt

Till Schweiger, einer der großen Intellektuellen unserer Zeit in Höchstform

Krawall verkauft, Krawall gibt Klicks: Bild vom 30. März 2023

Nur wenige Stunden nach dem Ende der ermüdenden Endlossitzung des Koalitionsausschusses der Ampelfrauen und -männer hat sich einer der großen deutschen Charakter- und Selbstdarsteller dazu entschlossen, die Klimadebatte tieferzulegen.

Winterdürre: Wort des Jahres?

Es ist irre! In der Antarktis schmilzt der gewaltige Thwaites-Gletscher, den manche auch den Gletscher des Jüngsten Gerichts nennen, mit einer Geschwindigkeit, die uns große Sorgen machen sollte; Deutsche, Franzosen und Italiener mussten diesen Winter einer neues Wort lernen: Winterdürre. Und die Koaliton? Die beschließt den Neubau von Autobahnen, aber selbstverständlich kein Tempolimit. Dabei wäre ein Tempolimit eine einfache, schnell einzuführende Maßnahme zur Reduktion des CO2-Ausstoßes. Das Umweltbundesamt geht von einer Reduzierung der Treibhausgasemissionen des Straßenverkehrs durch die Verringerung der durchschnittlichen Geschwindigkeit (Tempolimit 120 km/h) um 2,9 Prozent aus: Quelle. Klar, ein Tempolimit rettet nicht das Weltklima, aber es wäre auch mehr als bloß ein Zeichen.

Verpennen wir den Klimaschutz?

Die Publizistin und Philosophin Carolin Emcke geht in ihrem aktuellen SZ-Podcast „In aller Ruhe“ unter anderem der Frage nach, warum wir uns so schwer tun mit einschneidenden, aber dringend notwendigen Maßnahmen zum Klimaschutz. Sie spricht dazu mit dem Präsidenten des Umweltbundesamtes Prof. Dr. Dirk Messner, der betont, dass wir viel schneller werden müssen in Sachen Klimaschutz. Die ganze Sendung kann man hier nachhören. Es lohnt sich sehr!

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„On the Bus to Poland“ – Lyrik für die Ukraine

Die Sonnenblume ist die Nationalblume der Ukraine, nirgendwo werden so viele Sonnenblumen angebaut.

Die Sonnenblume ist die Nationalblume der Ukraine, nirgendwo werden so viele Sonnenblumen angebaut.

Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine

Am 24. Februar 2022 hat Russland die Ukraine überfallen und führt seitdem einen brutalen Krieg gegen dieses Land. Fast 19 Millionen Menschen sind geflohen, mehr als acht Millionen ukrainische Flüchtlinge hat die EU aufgenommen. Allein 1,5 Millionen Menschen haben in Polen Aufnahme gefunden, rund eine Million Menschen aus der Ukraine sind in Deutschland registriert.

Wie das ist, wenn die Bewohner:innen einer Stadt von russischen Invasoren in die Flucht getrieben werden, zeigt die erschütternde arte-Dokumentation „Die Überlebenden von Mariupol“, die man in der Mediathek anschauen kann. Unweigerlich fragt man sich, wie  das wäre, wenn man gerade mal eine Tasche mit dem Nötigsten auf die Flucht in ein unbekanntes Land mitnehmen könnte?

Dichten für die Ukraine

Der amerikanische Dichter Jack Ridl hat versucht, sich in diese Fluchtsituation hineinzuversetzen. Sein Gedicht „On the Bus to Poland“ wurde mit Arbeiten anderer Dichter:innen in der Anthologie „Busy Griefs, Raw Towns“ von Schuler Books, Grand Rapids (Michigan, USA) veröffentlicht. Der gesamte Erlös vom Verkauf des Buches kommt den Opfern des Krieges in der Ukraine zugute.

Am 24. Februar 2023 haben Jack Ridl und die anderen Dichterinnen und Dichter ihre Werke in Grand Rapids vorgetragen, hier ein Auszug.

On the Bus to Poland

Where’s Daddy?
I don’t know.
Tell me why you don’t know.
I don’t know why I don’t know.
When will we know?
I don’t know. I wish I did.
Does Daddy know where we are?
You mean on this bus?
Yes.
I think he does. I hope he does.
I’m hungry.
I know.
I’m thirsty, too.
I know.
Do we have anything?
We will later. I hope.
How much is later?
I don’t know.
Where are we going?
A new country. Its name is Poland.
Is it like where we live?
Kind of.
Are the people like us?
I think so.
Are they nice?
I’m sure they must be.
Does Daddy know we’re going there?
I think he does, yes.
Will my friends be there when we get there? I’m hungry.
I know you are.
My friends. Will they be there?
I don’t know. That would be nice.
Did you bring Suzzy?
I did. Suzzy’s in that big bag.
There are a lot of trees here.
Yes, there are.

– Jack Ridl

Wir bringen das Gedicht im englischen Original mit freundlicher Erlaubnis des Autors und haben es selbst übersetzt. Informationen über Jack Ridl gibt es auf seiner Homepage, sein letztes Buch haben wir im Reklamekasper hier vorgestellt.

Im Bus nach Polen

Wo ist Papa?
I weiß nicht.
Sag mir, warum du’s nicht weißt.
I weiß nicht, warum ich es nicht weiß.
Wann werden wir es wissen?
Ich weiß nicht. Ich wünschte, I wüsste es.
Weiß Papa, wo wir sind?
Du meinst in diesem Bus?
Ja.
Ich glaube ja. Ich hoffe, er weiß es.
Ich bin hungrig.
Ich weiß.
Ich bin auch durstig.
Ich weiß.
Haben wir irgendwas?
Später, ja. Ich hoffe.
Wie viel ist später?
Ich weiß nicht.
Wo fahren wir hin?
In ein neues Land. Es heißt Polen.
Ist es so wie da, wo wir leben?
Irgendwie schon.
Sind die Leute wie wir?
I glaub’ schon.
Sind sie nett?
Ich bin bin sicher, dass sie nett sind.
Weiß Papa, dass wir dorthin gehen?
Ich glaube ja.
Werden meine Freunde da sein, wenn wir dort ankommen? Ich bin hungrig.
Ich weiß, dass du Hunger hast.
Meine Freunde. Werden sie da sein?
Ich weiß es nicht. Es wäre schön.
Hast du Suzzy mitgenommmen?
Hab’ ich. Suzzy ist in der großen Tasche.
Hier gibt’s ne Menge Bäume.
Ja, die gibt es.

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„Der Teufel hat keine Zeit“ – Denken entlang der Bruchlinien

Daniel Strassberg will die Bruchlinien zwischen dem Einzelnen und der Gesellschaft hervorheben

Daniel Strassberg will die Bruchlinien zwischen dem Einzelnen und der Gesellschaft hervorheben

Denktraining

„Use it or lose it. So lautet ein bekannter Satz, mit dem uns Sportmediziner besonders gern im Frühjahr ermahnen, alle Muskelgruppen unseres Körpers regelmäßig zu trainieren. Denn, ein Muskel, der nicht trainiert wird, verkümmert. Wie schnell Muskelmasse und Beweglichkeit abnehmen, merken wir alle, wenn wir uns mal ein paar Wochen nicht bewegen können.

Fälschlicherweise wird das menschliche Gehirn immer mal wieder als Muskel bezeichnet, den es zu trainieren gelte. Das menschliche Gehirn ist jedoch kein Muskel, sondern ein Organ, und zwar das komplizierteste, das die Natur hervorgebracht hat, mit über 100 Milliarden Nervenzellen und einem Vielfachen davon an Kontaktpunkten. So steht es auf der Homepage der Max-Planck-Gesellschaft. Da steht auch, dass kein Supercomputer an die Fähigkeiten unseres Gehirns heranreicht. Aber: auch unser Gehirn sollte regelmäßig trainiert und angeregt werden. Denn dieses unglaubliche Wunderorgan ist lebenslang lernfähig. Aber keine Sorge, wir empfehlen heute keine Übungen aus der Bäckerblume zum Gehirnjogging, sondern ein Buch mit 41 denkanregenden Texten.

„Der Teufel hat keine Zeit“

So heißt das neue Buch des Psychoanalytikers und promovierten Philosophielehrers Daniel Strassberg. Seit 2018 erfreut der 1954 in St. Gallen geborene Schweizer die Leserinnen und Leser des Online-Magazins Republik mit seinen inspirierenden Kolumnen. Strassberg ist ein Philosoph, der uns auffordert, selbst zu denken. 41 dieser klugen Glanzstücke hat nun der Züricher Rotpunktverlag in einem handlichen Buch gesammelt.

Gleich zu Beginn macht Strassberg klar, was ihm missfällt:

„Die Überzeugung, dass der Mensch, so wie er ist, nicht gut genug sei, ist fester Bestandteil der europäischen Geistesgeschichte.“

Ein Elend nennt der Philosoph diese Haltung und die damit verbundenen Versuche, die Menschen zu verbessern. Das hat, so Strassberg bei den antiken Philosophen angefangen und zeigt sich heute in zig Regalmetern Ratgeberliteratur in den Buchhandlungen.

Bruchlinien

Als eine der Hauptschwierigkeiten unserer Gegenwart macht Strassberg die schwierige, ja vielleicht sogar unmögliche Harmonisierung unserer individuellen Bedürfnisse mit der gesellschaftlichen Ordnung aus. Warum ist das so? Weil die menschliche Psyche träger ist als die Gesellschaft, in der sie lebt. Wir hinken immer hinterher, weil sich gesellschaftliche Veränderungen, „angetrieben durch den technischen Fortschritt“ in einem Affenzahn vollziehen. Dadurch gibt es ständig Bruchlinien zwischen dem Einzelnen und der Gesellschaft. Exakt um diese Bruchlinien geht es in diesem Buch. Aber der Autor will sie nicht wegretuschieren, sondern sie genau anschauen, „um so das komplexe Wechselspiel von gesellschaftlichem Wandel und veränderten Formen der Subjektivität auszuloten.“ Wie heißt es schon bei Leonard Cohen: „There is a crack, a crack in everything. That’s how the light gets in.“

Diesem selbstkritischen, streitbaren und mit Humor gesegnten Philosophen beim Denken zuzuschauen, macht Laune, auch weil er seine Leser zwingt, eigene Schwarzweiß-Positionen zu überdenken und dabei graue Zwischentöne zu entdecken.

Strassberg nimmt sich unterschiedliche Themen vor, die uns im Alltag immer wieder begegnen. Eine Auswahl: Klimakrise, Ukrainekrieg, Besserwisserei, Postfaschismus, Querdenker, Identitätspolitik, Migration, Sprache, Bürokratie, Rassismus, Bodyshaming, Populismus, Ökonomie, Kolonialismus.

Daniel Strassberg: „Der Teufel hat keine Zeit – Philosophisch-politische Betrachtungen“„Manchmal ist es so, manchmal anders“

Das Schöne an den maximal sechs Seiten langen, klugen Texten ist, dass sie nicht belehren oder bekehren wollen. Sie sind vielmehr ein vielstimmiges „Plädoyer für eine mittlere Distanz zu den Problemen“. Der Philosoph, der als Psychoanalytiker seit Jahrzehnten mit Menschen arbeitet, empfiehlt uns, offen zu sein für die „Verschlingungen und Unebenheiten, Widersprüche und Unsicherheiten“. Er gibt offen zu, dass ihm das auch nicht immer leicht fällt, aber der Preis für das Beharren auf der vermeintlichen Eindeutigkeit ist ihm schlicht zu hoch.

„Ich kann Ihnen nur empfehlen, es einmal zu versuchen. Verzichten Sie auf allgemeine Behauptungen, und antworten Sie auf die Behauptungen der anderen mit: Manchmal ist es so, manchmal anders; es kommt darauf an.“

Fazit: Dieses Buch ist eine anregende Frühjahrskur fürs Hirn!

NK | CK

Buchinformation

Daniel Strassberg
Der Teufel hat keine Zeit. Philosophisch-politische Betrachtungen
256 Seiten, gebunden, erschienen 2022
ISBN 978-3-85869-960-2
Rotpunkt Verlag, Zürich

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Angeln, fischen, phishing

Auch Wassertemperaturen um die 5 Grad schrecken passionierte Angler im Neckar nicht

Auch Wassertemperaturen um die 5 Grad schrecken passionierte Angler im Neckar nicht

Fischen

Bewundernswert
die Gelassenheit des Anglers
im Schneegestöber

Dieses Haiku ist eine Variante auf ein Haiku von Yosa Buson (1716 – 1783).

Beunruhigend:
Die Verbissenheit des Anglers
bei diesem Winterregen

Tsuribito no
jô no kowasa yo
yûshigure

Die Übersetzung stammt von G. S. Dombrady und findet sich in dem Buch „Buson – Dichterlandschaften“, das 1992 in der Dieterichschen Verlagsbuchhandlung in Mainz erschienen ist.

Phishing

Neulich wäre es mir fast passiert: um ein Haar hätte ich auf eine täuschend echte Mail unserer Bank reagiert. Phishing heißt diese Betrugsmasche, die wir alle kennen (sollten). Das Wort ist ein Neologismus aus dem Englischen, abgeleitet von fishing, englisch für Angeln. Ziel der kriminellen Betrüger ist es, sich über gefälschte E-Mails, Webseiten oder Kurznachrichten (WhatsApp, SMS usw.) Zugang zu unserem Computer, Tablet oder Smartphone zu verschaffen, um dort Daten auszuspionieren oder Schadsoftware zu platzieren. Aktuell sind wieder sehr viele Phishing-Aktionen im Gange. Man kann gar nicht genug warnen.

Die Verbraucherzentrale hat extra einen Phishing-Radar mit aktuellen Warnhinweisen eingerichtet, wo man sich über die neuesten Phishing-Aktionen informieren kann und auch eigene Phishing-Mails, die man bekommen hat, hinschicken kann. Dazu gibt es weitere Informationen für Verbraucher. Informationen zu diesem Thema findet man auch auf der Homepage des SWR-Fernsehens.

Wenn man übrigens auf der Webseite des BKA den Suchbegriff „Phishing“ eingibt, ist das erste Ergebnis aus dem Jahr 2020 und das zweite aus dem Jahr 2018. So viel zum Thema Digitalisierung in Deutschland. Aber das nur am Rande.

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Erfüllt vom Nichts

Manchmal reicht einem ja auch die ungefähre Welt im Nichts des Nebels

Manchmal reicht einem ja auch die ungefähre Welt im Nichts des Nebels

Ich bin noch heute
erfüllt vom Geschauten
im Nichts des Nebels.

Ein Haiku von Georges Hartmann, dem wir heute ganz herzlich zum Geburtstag gratulieren. Möge dieser leise Haiku-Künstler aus dem Westerwald uns noch häufig mit seinen feinen Haiku erfreuen.

NK | CK

Buchinformation

Georges Hartmann
nahtlos: 48 Haiku mit Jahrenszeitenbezug
16 Seiten

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Freitagsfoto: Entdeckungsreisen daheim

Fotografieren ist eine besondere Schule des Sehens

Fotografieren ist eine besondere Schule des Sehens

Das Kameraauge

„Die besten Entdeckungsreisen macht man nicht in fremden Ländern, sondern indem man die Welt mit neuen Augen betrachtet.“

Hat Marcel Proust so oder so ähnlich gesagt, und der Mann ist wirklich nicht allzu weit rumgekommen. Sehr viel Zeit seines Lebens hat Proust nämlich in seinem abgedunkelten und schallisolierten Schlafzimmer verbracht: erinnernd, lesend und natürlich schreibend. Fast ausschließlich im Bett soll er sein monumentales Werk „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ geschrieben haben, dazu tausende von Briefen und Notizen. Unfassbar, nicht wahr? Unsereins ist an vielen Tagen ja schon froh, wenn wir abends im Bett lesend nicht nach zehn Minuten einnicken.

Fotografieren lehrt einen, die Welt mit neuen Augen zu sehen, ganz im Sinne des Zitats von Proust. Und vielleicht ist es mit der Kamera so wie mit den Stäbchen beim Essen. Man richtet die Aufmerksamkeit voll und ganz auf das Objekt, das man fotografieren oder eben essen möchte. Das mit den Stäbchen hat Roland Barthes in seinem Buch „Reich der Zeichen“ viel ausführlicher analysiert und beschrieben.

Natürlich besteht die Gefahr, dass man nur noch auf der Suche nach Fotomotiven durch die Welt spaziert. Aber wenn man mit der Kamera unterwegs ist, und sei es zum hundersten Mal in der eigenen Stadt, entdeckt man halt immer wieder Dinge, die einem sonst vielleicht nicht aufgefallen wären. Zum Beispiel diese schöne Harley Davidson in der Tübinger Münzgasse, die dort nicht erst seit gestern so geparkt wird, dass sie leicht in die Gasse reinragt. Bis vor Kurzem ist uns das nicht aufgefallen, und ja, wir laufen oft durch die alten Gassen.

Hat’s jetzt sogar auf eine Postkarte geschafft, die Harley aus der Münzgasse

Hat’s jetzt sogar auf eine Postkarte geschafft, die Harley aus der Münzgasse

Proust selbst hat sich übrigens sehr für die zu seiner Zeit immer populärer werdende Fotografie interessiert. Der berühmte Fotograf Brassaï hat zu diesem Thema einen Essay geschrieben: „Proust und die Liebe zur Photographie“ (Suhrkamp, 2001). Das Buch steht bei uns im Regal – noch ungelesen.

So viel für heute, haltet die Augen auf.

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Freitagsfoto: Bleicher Mond

Manchmal scheint er zum Greifen nah und ist doch 384.400 km von der Erde entfernt: der Mond

Manchmal scheint er zum Greifen nah und ist doch 384.400 km von der Erde entfernt: der Mond

Durch kahle Äste
scheint der bleiche Mond
auf Schneeglöckchen

Kranō | Kō, 11.2.2023

Seit einigen Tagen schon sind die Schneeglöckchen draußen und wetteifern mit Krokussen und Winterlingen um unsere Aufmerksamkeit – auch bei Nacht, wie dieses Haiku zeigt. Der nächste Vollmond ist übrigens am 7. März 2023.

Schönes Wochenende!

NK | CK

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Europa – wo bist du? Alex Rühle macht Interrail

Das Schienennetz der EU ist rund 230.000 km lang; hier der Bahnhof Tübingen

Das Schienennetz der EU ist rund 230.000 km lang; hier Gleise am Bahnhof Tübingen

24. Juni 1977

„Mitten in der Nacht wurden wir an der jugoslawischen Grenze von Zöllnern gefilzt. Der Zug hatte deswegen fast drei Stunden Aufenthalt. Zuerst waren die Zöllner ruppig, aber dann doch ziemlich nett zu uns.“

So beginnt der zweite Tag meines Interrail-Tagebuchs aus dem Jahr 1977. Ich war noch keine 16 und mit meinem Freund S. und zwei anderen Mitschülern auf dem Weg vom Fuß der Schwäbischen Alb nach Athen – nonstop versteht sich. Denn Interrail hieß für uns: in vier Wochen möglichst viel sehen, möglichst viele Länderstempel holen, möglichst viele Eisenbahnkilometer zurücklegen. An diese ziemlich verrückte und anstrengende Reise musste ich denken, als ich das neue Buch von Alex Rühle gelesen habe.

„Europa – wo bist du?“

So nennt der SZ-Journalist und Autor Alex Rühle sein Interrail-Europa-Buch, das den Untertitel „Unterwegs in einem aufgewühlten Kontinent“ trägt. Rühle hat 20.000 Kilometer zurückgelegt und viele Menschen getroffen, immer auf der Suche nach dem, was Europa ausmacht. Vom 10. März 2022 bis zum 21. Juni 2022 war er unterwegs, und es hat sich gelohnt. Wer mehr über Europa, seine Bewohner:innen, seine Stärken und seine gewaltigen Probleme wissen möchte, wird dieses Buch mit Gewinn lesen.

„Der Text wird ein Krisentagebuch, Essay, Reisemitschrift in einem, es geht durch weite Landschaften und fremde Sprachen, großartige Städte und kleine Cafés, gastfreundliche Wohnzimmer und durch sehr viel Geschichte.“

Allem Anfang wohnt eine Krise inne

Wer Zug fahren will, muss auch warten können: Bahnhof Saint-Jean-du-Gard im Süden Frankreichs

Zug fahren heißt auch warten: Saint-Jean-du-Gard, Frankreich

Los geht es in Athen, wo Rühle (Jahrgang 1969) am 10. März 2022, wenige Tage nach dem russischen Überfall auf die Ukraine, feststellt: allem Anfang wohnt eine Krise inne. In Berlin ruft Bundeskanzler Scholz die »Zeitenwende« aus, im verschneiten Athen friert der Reporter in leichter Lederjacke und Turnschuhen. Warum Athen? Es ist die Stadt, in der Perikles einst die Demokratie beschrieb als die Staatsform, in der »die staatlichen Angelegenheiten nicht das Vorrecht einiger, sondern das Recht vieler sind«.

Schon dieses erste Kapitel, das uns noch einmal die Finanzkrise 2010/2011 und deren dramatische Folgen für Griechenland vor Augen führt, zeigt die Stärke dieses Buchs. Vom Kleinen ins Große, vom Großen ins Kleine, immer faktenfundiert und dicht an den Menschen dran.

Morbus Hoffnungslosigkeit

Rühle trifft in Athen den Kardiologen Giorgio Vichas, der im Herbst 2011 auf dem Gelände eines ehemaligen Militärflughafens eine Praxis für bedürftige Menschen aufmacht. Denn Vichas hatte festgestellt, dass infolge des gnadenlosen Spardiktats der EU-Troika viele Griechen, die länger als 12 Monate ohne Arbeit waren, plötzlich ohne Krankenversicherung dastanden und sich keinen Arztbesuch mehr leisten konnten. Der Arzt nennt die Austeritätsprogramme der EU (von Angela Merkel und Wolfgang Schäuble maßgeblich befürwortet) reines Gift: »schließlich gebe es keinen besseren Nährboden für chronische Krankheiten als Arbeitslosigkeit und Armut«.

Im Fortgang des Gesprächs entfaltet sich nach und nach das ganze Drama, in dem Griechenland praktisch bis heute steckt. Denn nach der Finanzkrise wurde es nur unwesentlich besser. Und als dann endlich Licht am Ende des Tunnels aufschien, kam Corona. Und heute? »Die Krankheit, die hier am schlimmsten wütet, ist die Hoffnungslosigkeit«, sagt der Kardiologe Vichas. Diese wird plastisch, wenn die Lehrerin Artemis Kliafa von dramatisch gekürzten Gehältern und von Kindern erzählt, »die im Unterricht umkippten wegen Mangelernährung«.

„In den Interviews war Europa oft so weit weg, als gehörte Griechenland gar nicht dazu. Europa sagt … Europa will … Die Europäer denken so und so, wir Griechen hingegen … Dazu kommen immer wieder Zuschreibungen über den Norden Europas und die ach so besonders wohlsortierten Deutschen, die in den Gesprächen mal kümmerlichen Aktenordnern auf zwei Beinen gleichen, mal einer Klasse Hochbegabter, aber immer supersouveräne Organisationsgenies sind.“

Nächster Halt: Belgrad

Auch in Belgrad trifft Rühle Menschen, die die Schwächen der EU benennen. Den Vorwurf, dass sich die EU-Spitze von Autokraten wie Vučić (Serbien), Orbán (Ungarn) oder Kaczyński (Polen) an der Nase rumführen lässt, hört Rühle immer wieder. Wie kann es sein, dass diese Autokraten Brüsseler Gelder einstreichen und gleichzeitig mit aller Kraft die demokratischen Institutionen ihrer Länder so lange schwächen, bis nichts mehr da ist? Warum hält Brüssel nicht die Werte hoch, die in der europäischen Verfassung stehen?

Weiche Nasale, schöne Münder

Aber allen schwierigen EU-Kapiteln zum Trotz reißt Alex Rühle seine Leserinnen immer wieder mit seiner Neugier und Begeisterung mit. Mal sind es phantastische Landschaften, durch die fährt, mal sind es die portugiesischen Nasalklangwunder, die ihn verzücken:

„Portugiesisch klingt, als wäre auf dem metallisch harten, kantigen Latein, das dichte Moos der Zeit gewachsen, das alle Ecken abrundet und den Klang weich abdunkelt. Das -us, -a, -um ist ausgereift zu -usch, -ão, -õe und anderen Diphtong- und Nasalklangwundern, wahrscheinlich haben die deshalb alle so schöne Münder, Männer genauso wie Frauen.“

Da möchte man doch gleich morgen einen Portugiesisch-Kurs machen und dann mit dem Zug nach Lisboa fahren und sich die schönen Münder genau anschauen.

Hat schon lebendigereZeiten gesehen: Bahnhof von Villers-sur-Mer in der Normandie

Hat schon lebendigere Zeiten gesehen: Bahnhof von Villers-sur-Mer in der Normandie

Anfang und Ende von Europa

Hoch im Norden kommt der Interrailer dem Ukrainekrieg sehr nahe. In Narva, dem äußersten Nordosten Estlands, ist Russland nur noch einen Steinwurf entfernt. Kein Wunder, dass die Menschen dort (ebenso wie in Litauen oder Lettland) eine ganz andere Sicht auf Russland haben als wir in Deutschland in den letzten Jahrzehnten. Die Sowjetunion ist hier noch nicht lange her.

„Die Gegenwart gleicht hier einem viel zu voll gestellten Raum, die Epochen der Vergangenheit ragen wie nicht abgebaute Kulissen in die Jetztzeit.“

Und von wegen an den Rändern Europas. Die Bürgermeisterin von Narva, mit der Rühle in einer Kneipe in Estland sitzt, fährt ihn scharf an, als er von Peripherie spricht: »Von Peripherie zu sprechen, ist schlichtweg dumm. Das hier (…) ist der Anfang und das Ende von Europa. Es ist genauso NATO-Gebiet wie Deutschland.«

Liest man solche Sätze, wird einem klar, dass uns Deutschen mehr Empathie und Neugier, gegenüber allem, was nicht Deutschland ist, ziemlich gut zu Gesicht stünde. Rühle ist empathisch und neugierig und ehrlich: das zeichnet ihn aus. Hier schreibt keine Edelfeder mit Rollkoffer von Louis Vuitton, sondern ein überzeugter Europäer, der sich große Sorgen um diese »größte Erfindung der Politik-Geschichte« macht.

Wer mehr über Europa wissen möchte, liest zuerst das Buch und macht dann Interrail

Wer mehr über Europa wissen möchte, liest zuerst das Buch und macht dann Interrail

Und jetzt?

Frau von der Leyen sollte, wenn ihr Herz wirklich an Europa hängt, dieses Buch gleich morgen in alle 24 Amts- und Arbeitssprachen übersetzen lassen und es allen EU-Bürgerinnen und Bürgern auf den Nachttisch legen, damit alle lesen können, wie schön und wertvoll Europa ist. Nochmal Alex Rühle:

„Auf die Frage, wo es am schönsten war, würde ich sagen: überall. Insofern wäre mein Tipp auch nur: Fahren Sie los. Am besten mitten rein in Ihre eigenen Vorurteile. Und in die weißen Stellen Ihrer inneren Landkarte.“

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Buchinformation

Alex Rühle
Europa, wo bist du? Unterwegs in einem aufgewühlten Kontinent
Hardcover mit Lesebändchen, 416 Seiten
dtv Verlag, München, 2022
ISBN: 978-3-423-44126-1

Im WRD 5 hat Alex Rühle vor ein paar Wochen länger über sein Buch gesprochen. Kann man hier nachhören, lohnt sich auch.

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