Es war an einem Freitagnachmittag im November 2018, als ich plötzlich ein knarrendes, krachendes Geräusch aus dem Garten vernahm. Ich arbeitete gerade in unserem kleinen Büro (Homeoffice, wie man heute sagt), als meine Frau mich aufgeregt in den Garten rief. Meine Güte, der Hund hat ein Huhn erwischt, dachte ich, als ich die Treppe runterrannte, ein fedriges Gemetzel vor Augen.
Weit gefehlt! Der Hund lag friedlich in der Wiese, während meine Frau wortlos auf unseren alten Quittenbaum zeigte, der einfach umgestürzt war. Da standen wir nun vor dem von Trockenstress und Altersschwäche gefällten Baum, der uns einer der liebsten im Garten war. Kein schönes Gefühl war das. Aber nach einem langem Moment der Ratlosigkeit machten wir uns daran, die reifen Quitten abzuernten. Der Freund H. half uns noch am gleichen Nachmittag, den Baum fachgerecht so zu entlasten, dass man den umgestürzten Stamm samt ein paar unversehrten Ästen in der Wiese liegen lassen konnte. Nein, wir wollten sie nicht komplett zersägen und zu Brennholz machen, unsere alte Quitte. Dazu hatten wir uns zu sehr an sie gewöhnt: die besondere Rinde, die zartrosa schimmernden Blüten im Frühjahr, die leuchtend gelben Früchte im Herbst, die beim Marmelade kochen so viel Arbeit machen, vom Quittenschnaps gar nicht erst zu reden.
Jetzt mitten in dieser belastenden Corona-Zeit schenkt uns der alte Quittenbaum ein paar wunderschöne Blüten. Grade so, als ob er uns Zweifelnden ein wenig Hoffnung geben und Mut machen möchte.
Euch allen ein schönes Wochenende, und passt auf euch auf!
N. | C.
An die Hoffnung
O Hoffnung! holde! gütiggeschäftige!
Die du das Haus der Trauernden nicht verschmähst,
Und gerne dienend, Edle! zwischen
Sterblichen waltest und Himmelsmächten,
Wo bist du? wenig lebt ich; doch atmet kalt
Mein Abend schon. Und stille, den Schatten gleich,
Bin ich schon hier; und schon gesanglos
Schlummert das schaudernde Herz im Busen.
Im grünen Tale, dort, wo der frische Quell
Vom Berge täglich rauscht, und die liebliche
Zeitlose mir am Herbsttag aufblüht,
Dort, in der Stille, du Holde, will ich
Dich suchen, oder wenn in der Mitternacht
Das unsichtbare Leben im Haine wallt,
Und über mir die immerfrohen
Blumen, die blühenden Sterne, glänzen,
O du des Aethers Tochter! erscheine dann
Aus deines Vaters Gärten, und darfst du nicht,
Ein Geist der Erde, kommen, schröck, o
Schröcke mit anderem nur das Herz mir.
Friedrich Hölderlin
zitiert aus der zweibändigen Ausgabe:
Friedrich Hölderlin
Sämtliche Werke und Briefe
Carl Hanser Verlag, 1970
Lizenzausgabe für die Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 5. Auflage 1989
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