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Der Frühlingsanfang riecht nach Erde

Bei Issa sind es Holzschuhe. Meine Frau liebt ihre Gummistiefel und den Geruch von Erde.

Bei Issa sind es Holzschuhe. Meine Frau liebt ihre Gummistiefel und den Geruch von Erde.

Für alle Türen
Ist der Dreck der Holzschuhe
Der Frühlingsanfang.

Issa

Haiku zum Frühling

Auf dieses schöne Haiku von Kobayashi Issa (1763 – 1828) bin ich in der 2018 bei Reclam erschienenen Anthologie „Das Buch der klassischen Haiku“ gestoßen. Jan Ulenbrook (1909 – 2000) hat die Auswahl der Haiku zu den Themen Neujahr, Frühling, Sommer, Herbst, Winter vorgenommen. Die schönen, klaren, schnörkellosen Übersetzungen sind auch von Ulenbrook, ebenso das kundige Nachwort zum Haiku als literarische Gattung. Ein handlicher schöner Band mit mehr als eintausend Haiku, den man immer wieder gerne zur Hand nimmt.

Nach Erde riechen

Margret Atwood, die kanadische Schriftstellerin, die 2017 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet wurde, hat auch etwas Schönes zum Thema Gärtnern geschrieben:

“Gardening is not a rational act. What matters is the immersion of the hands in the earth, that ancient ceremony of which the Pope kissing the tarmac is merely a pallid vestigial remnant. In the spring, at the end of the day, you should smell like dirt.”

„Gärtnern ist kein rationaler Akt. Worauf es ankommt, ist das Eintauchen der Hände in die Erde, jene alte Zeremonie, von der das päpstliche Küssen des Bodens nur ein fader, kümmerlicher Überbleibsel ist. Am Ende eines Tages im Frühjahr solltest du nach Erde riechen.“

Klingt gut, nicht wahr? Morgen hat übrigens in der Tübinger Staudengärnterei von Erika Jantzen erstmals das Gartencafé geöffnet. Also, Gummistiefel raus, graben und pflanzen und in der Pause ein paar Haiku zur Erholung lesen!

Information zum Buch

Das Buch der klassischen Haiku
Auswahl, Übersetzung, Nachwort von Jan Ulenbrook
Reclam, 2018, aktualisierte, gebundene Ausgabe
ISBN: 978-3-15-011175-8

Schöne Postkarten Nr. 237. © 2018 Schöne Postkarten

Schöne Postkarte Nr. 237. Bezugsquellen hier: © 2018 Schöne Postkarten

Schönes Wochenende!

N.K. / C.K.

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1 Kommentar

  1. Georges Hartmann 23. März 2019 um 17:34

    Immer wieder die Haiku von Kobayashi Issa, der ein durchaus beschwerliches Leben hatte. „Mein Frühling“ ist eine Anthologie, mit der er seiner kleinen an Pocken verstorbenen Tochter Sato ein Denkmal setzte und als seine berühmteste Sammlung eingeschätzt wird. Wer mehr über die Werke Issa’s in Erfahrung bringen möchte, kann sich auf der Website HaikuGuy.com kundig machen. Der Amerikaner David Lanoue hat sich nahezu ausnahmslos mit ISSA beschäftigt. Der Frühling und der innere Drang im Garten herum zu werkeln -sofern man das Glück hat einen solchen sein eigen zu nennen oder als Kleingarten gepachtet hat-. Besonders glücklich kann man sich fühlen, wenn darin ein oder mehrere Bäume zu finden sind (z. B. Birken) und man zuhören kann, wie sich der Wind mit den Blättern unterhält oder diese leise vor sich hin wispernd Balsam auf die Seele träufeln, wenn man diesen die gerade aktuellen eigenen Sorgen schildert, wie sie in einem bewegten Leben immer mal wieder auf der Tagesordnung stehen können. Im Alter angekommen, lasse ich im Frühling eher das eigene Leben Revue passieren, was ich im eigenen „Blütezeit“ vielleicht alles hätte besser machen können, bis dann der Herbst für einen gewissen Ausgleich sorgt und die Zahl der im Kopf gewälzten Anekdoten zur eigenen Person ein durchaus buntes Bild ergeben, in dem zwangsläufig von schwarz bis hell alles vertreten sein kann, was ein Leben halt so ausmacht. Sollte die Bilanz zu einem ausgewogenen Ergebnis führen, darf man dem „Winter“ beruhigt entgegen sehen. Die Postkarte mitsamt dem Mut machenden Text von Anais Nin bringt es auf den Punkt, will er dafür plädiert dem Leben mutig die Nase in den Wind zu halten.

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