Landschaft
Aber es werden Menschen kommen
denen das Zeitauf Zeitab
der Fabriken gleichgültig ist
sie wollen nicht auf den Supermärkten
einkaufen aber sie fragen nach dem
Millionen Jahre alten Wind
ob ihr noch Vögel
Fische
Füchse
Sumpfdotterblumen
aufgehoben habt
wenn anderswo
alle Wälder zerstückelt sind
alle Städte über die Ränder getreten
alle Täler überquellen vom Müll
Könnt ihr noch Wetterbuchen liefern?
einen unbegradigten Fluss?
Mulden ohne schwelenden Abfall?
Hänge ohne Betongeschwüre?
Seitentäler ohne Gewinn?
habt ihr noch immer nicht genug
Einkaufszentren in die Wiesen gestreut
Möbelmärkte zwischen Skabiosen
nicht genug Skilifte ohne Schnee
Nachschubstraßen für Brot und Spiele
Panzerschneisen hügelentlang
wenn ihr die Schafe aussterben lasst
stirbt der Wachholder
Silberdisteln
Bald wird man diese Namen aussprechen
wie Joringel Jorinde als Kind
zu den Ammoniten im Steinbruch
wird man wie nach Eleusis gehen
eure Geschichtslosigkeit war ein Windschatten
abseits
der Erosion des Jahrtausends
könnt ihr denen die zu euch kommen
eine Wacholderstunde anbieten
erdalterlang
falls ihr den Augenblick
euren
nicht zementiert?
Margarete Hannsmann
Achalm
Vor ein paar Tagen haben uns die Freunde I. und W. auf eine schöne Wanderung auf die Schwäbische Alb mitgenommen. Von Unterhausen bei Pfullingen ging es auf den Übersberg, von dort zum Mädlesfelsen, dann runter, rauf, rüber zum Ursulahochberg und am Ende wieder nach Unterhausen. Knapp 13 Kilometer, 500 Höhenmeter und das alles in der Landschaft im Naturschutzgebiet Hohenäcker-Imenberg. Die Tour bietet herrliche Ausblicke vom Mädlesfelsen Richtung Achalm und Albvorland und vom Ursulahochberg zum Schloss Liechtenstein. Daneben findet man auf den geschützten Wiesen jede Menge seltener Pflanzen und Schmetterlinge.
Beim Blick auf den Zeugenberg Achalm fällt einem natürlich sofort der Holzschneider HAP Grieshaber ein, der dort am Fuß der Achalm gewohnt und gearbeitet hat. Einen Text von Grieshaber über „Die Rauhe Alb“ findet man in dem Band „Wundersame Blaue Mauer“, dessen Vorgängerausgabe („Albgeschichten“) wir im Reklamekasper vor einer Weile vorgestellt haben.
Nach der Wanderung zum Mädlesfelsen habe ich das Buch mal wieder rausgenommen und bin auf das beeindruckende Gedicht „Landschaft“ von Margarete Hannsmann gestoßen, das 1981 erstmals erschienen ist. 1981 war auch das Todesjahr von HAP Grieshaber, und dessen Lebensgefährtin war seit 1967 eben Margarete Hannsmann. Hannsmann wurde am 10. Februar 1921 in Heidenheim an der Brenz geboren und starb am 29. März 2007 in Stuttgart. Sie schrieb Prosa, Gedichte, Hörspiele und Reisebeschreibungen. Auf der Homepage des Stuttgarter Schriftstellerhauses findet man eine kurze Würdigung zu ihrem 100. Geburtstag. Hannsmann engagierte sich auch in der Umweltbewegung. Das Gedicht „Landschaft“ bringt das deutlich und gekonnt zum Ausdruck.
Der Grantler von der Achalm
Wer sich näher mit dem Künstler Grieshaber, den manche auch den Grantler von der Achalm nannten, befassen möchte, kann dies in einer aktuellen Ausstellung im Reutlinger Kunstmuseum im Spendhaus tun. „Die Liebe ist ein Hemd aus Feuer – Liebespaare bei HAP Grieshaber“ heißt die Ausstellung, die gerade eröffnet wurde und bis 25. September 2022 zu sehen ist. Alle Infos dazu hier.
So Freunde, jetzt raus ins Offene!
NK | CK