Ältere Zeitungen lesen ist wie zielloses Flanieren in einer unbekannten Stadt. Man weiß nie, was hinter der nächsten Ecke kommt. Ich bin gestern Abend auf eine unglaubliche Reportage auf der dritten Seite der Süddeutschen gestoßen (nicht als online verfügbar).
Berichtet wird dort über Adolek Kohn, der den Holocaust überlebt hat, heute in Australien lebt und mit 88 noch mal nach Auschwitz gefahren ist, um dort mit seiner Tochter und seinen Enkeln für ein Kunstprojekt zu zu tanzen.
„Triumpf des Willens“ hieß der einflussreiche Propagandafilm der unverbesserlichen Leni Riefenstahl über den Reichsparteitag der Nazis 1934. „Triumpf des Überlebenden“ möchte man das Video „Dancing Auschwitz“ mit Adolek Kohn nennen:
Jane Korman, die Tochter von Adolek Kohn, ist Künstlerin und hatte die ganze Aktion als Vidoeinstallation „Dancing Auschwitz“ für ein paar Galerien in ihrer australischen Heimat geplant. Sie entschied sich aber dann, das Video auf YouTube einzustellen. Die Reaktionen, positive wie negative, waren und sind immer noch heftig. Henry Broder hat im Spiegel lesenswert darüber geschrieben. Ich finde es beeindruckend, wie dieser Mann seiner Freude, überlebt zu haben, Ausdruck verleiht.