Die Schnecke ist ein arg unterschätztes und nicht sonderlich geliebtes Tier. Gärtnerinnen und Gärtner mögen sie besonders wenig. Dabei sind die Gastropoden, so der wissenschaftliche Name der zum Stamm der Mollusken (Weichtiere) gehörigen Tiere, faszinierende Lebewesen. Wussten Sie zum Beispiel, dass die Paarung dieser Zwittertiere erst nach einem mehrstündigen (!) Liebesspiel erfolgt, bei dem die Schnecken mit den Fußsohlen aneinander hoch kriechen. Ich wusste es nicht, als ich die beiden schönen Exemplare in unserem Garten beim Liebesakt überrascht habe. Der eigentlichen Begattung gehen in der Regel mehrere erfolglose Begattungsversuche voraus und sie ist, wie gesagt, gleichzeitig und wechelseitig. Das alles kann man bei Wikipedia oder bei kundigen Mollusken-Experten im Internet nachlesen.
Man kann aber auch das fasziniernde, autobiographische Buch der amerikanischen Biologin und Journalistin Elizabeth Tova Bailey lesen: „Das Geräusch einer Schnecke beim Essen“. Ich will hier nicht zu viel verraten, nur dieses: Die Autorin erkrankt Mitte Dreißig an einer heimtückischen, langwierigen Krankheit, die sie phasenweise fast gelähmt ans Bett fesselt. Eine Schnecke, die als blinder Passagier in einem Blumentopf in ihrem Krankenzimmer landet, wird zum Mutmachter, ja Lebensretter, der jungen Frau, die sich anfänglich nur unter größten Anstrengungen von einer Seite auf die andere im Bett drehen kann. Das Buch ist eine großartige und entschleunigende Lektion in Demut, Achtsamkeit und der Fähigkeit, Dinge minutiös zu beobachten und in klaren, bisweilen poetischen Worte zu beschreiben. Seien es die Aktivitäten der Schnecke oder das Nichtfunktionieren und die Schmerzen des eigenen Körpers.
Wer das Buch noch nicht kennt, es lohnt sich! Elizabeth Tova Bailey: Das Geräusch einer Schnecke beim Essen. Nagel & Kimche, München 2012. Wie das klingt, wenn eine Schnecke isst? Kann man hier auf dem Youtube-Kanal der Autorin hören. Wie Schneckenliebe klingt? Ich weiß es nicht, freue mich aber über Hinweise.