„Blaue Augen Himmelstern, küssen und poussieren gern.“ Sagte meine Oma immer, wenn sie ihren Enkel vor sich hatte. Ich fand das lustig, hatte aber als Grundschüler keinen Schimmer, was küssen, geschweige denn poussieren bedeutet. „Deine blauen Augen machen mich so sentimental“, sang Annette Humpe von der Gruppe Ideal während der Neuen Deutschen Welle Anfang der Achtziger. Ungefähr zur gleichen Zeit widmete auch Elton John den „Blue Eyes“ einen schönen Song. Zehn Jahre zuvor blühte der Enzian so blau, blau, blau. Ja, man könnte ewig so weitermachen mit blauen Liedern und Redewendungen. Bei Männern und Frauen übrigens die mit Abstand beliebteste Farbe. Und wenn ein Firmenlogo Seriosität ausstrahlen soll, genau, dann wird es blau.
Odysseus farbenblind?
Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass die Menschen jahrtausendelang kein Wort für diese schöne Farbe hatten. Erst die alten Ägypter sollen ein Wort für die Farbe Blau entwickelt haben, so las ich auf dem Blog der englischen Farbenfirma Farrow & Ball. Selbst der sprachgewaltige Homer ließ Odysseus seine Abenteuer mehr oder weniger farbenblind bestehen. William Gladstone, Gelehrter und späterer Premierminister Englands im 19. Jahrhundert, so schreibt die Journalistin Ros Anderson, hat bei einer sprachlichen Auswertung von Homers Odyssee 200 Mal die Farbe Schwarz gefunden und 100 Mal die Farbe Weiß. Weitere Farben? Fehlanzeige, mehr oder weniger: Schafe waren bei Homer violett und Honig grün.
Kind of Blue
Bevor Ihnen aber jetzt blau vor Augen wird, drehen Sie den Ton auf, lehnen Sie sich zurück und hören Sie ein großartiges Stück aus einem der wichtigsten Jazzalben aller Zeiten: „Kind of Blue“. Miles Davis hat dieses Album im Jahr 1959 eingespielt.
Schönes Wochenende!
Norbert Kraas
P.S. Entgegen früherer wissenschaftlicher Vermutungen sehen Hunde nicht nur schwarz-weiß, sondern auch Farben. Sie sollen aber rot-grün-blind sein, wie viele Männer auch.